Ist schon blöd, wenn die Belegschaft beim einzigen Fachgeschäft für Läufer (ok, theoretisch gäbe es da noch Sport Reckemeier) unterbesetzt ist. Nicht nur, dass man lange auf seine Beratung bei Runnerspoint warten muss, man kommt zudem nicht drumherum, andere Kunden zu beobachten.
So zum Beispiel einen großen, etwas korpulenten Herrn im mittleren Alter (was auch immer das jetzt bedeuten mag – ich weiß auch nie, was meine Eltern meinen, wenn sie von „älteren“ Mitmenschen sprechen), der sich mit einer kompletten Laufgarnitur vom Fuß an aufwärts eindeckte. Ob nun auch Schuhe mit dabei waren, kann ich nicht sagen, weil wir das Verkaufsgespräch nicht von Beginn an mitverfolgen konnten. Während unserer Anwesenheit tauschte er zumindest seinen Anzug mit Hemd und Krawatte kurzfristig zum Anprobieren von Laufhose, Laufshirt, Mütze und Handschuhe aus.
Es lag nahe zu vermuten, dass dieser Herr den löblichen Entschluss gefasst hatte, etwas gegen seine nur selten nützlichen Schwimmringe zu tun. Vielleicht ist er auch neu in der Stadt und möchte sich zwecks „Anschluss finden“ einer Laufgruppe anschließen oder er will sich in Form bringen, um seiner heimlichen neuen Liebe – vielleicht sogar einer Geliebten – zu gefallen. Ausgerechnet in der dunklen Jahreszeit mit dem Laufen anzufangen ist ungewöhnlich. Und als Laufanfänger gleich mit hautengen Laufkleidung anzufangen ist mutig – oder eher mutlos von der Verkäuferin, die nicht den Mumm hatte, den Kunden auf die Außenwirkung seiner Outfits hinzuweisen. Ist auch nicht wirklich wichtig, aber wenn man sich schon neu einkleidet, ein scheinbar gut gefülltes Portmonäh (!) zur Verfügung hat, muss man den Laden ja nicht als optische Presswurst verlassen.
Nun gut, über die Beweggründe des Neu-Läufers zu spekulieren, führt kaum zu einer wahren Erkenntnis, aber es schien aufgrund seiner Statur ziemlich sicher, dass es auch bei ihm um den Kampf gegen die Pfunde ging. Ein durchaus löbliches und unterstützenswertes Vorhaben. Umso feiger war es dann wohl von mir, dass ich es unterlassen habe, ihn bei seinem Vorhaben zu untersützten und den Mund gehalten habe, als ich ihn mit zwei schweren Runnerspoint-Tüten beladen nur wenige Momente später wieder traf.
Aufgrund der langen Wartezeit – über den Punkt, dass zwei Fachberater wirklich zu wenig sind, lasse ich mich jetzt mal nicht aus – wurde auch Lasse ungeduldig und was das bei einem Zweijährigen bedeutet, muss ich nicht beschreiben. Also überredete ich ihn zu einem kleinen Spaziergang durch die Fußgängerzone, da sowieso nicht ich, sondern Sonja auf die Beratung wartete. Vielleicht zum Feuerwehrauto vor dem Vodaphone-Shop? Damit hatte ich Lasse geködert und er brauste los.
Wer die Örtlichkeiten in der Oldenburger Innenstadt kennt, weiß, dass man auf dem Weg von Runnerspoint zu Vodaphone unweigerlich an der Nordsee-Theke vorbei kommt. Und ich konnte einfach nicht übersehen, dass da zwei große Runnerspoint-Tüten baumelten, dessen Träger sich nicht nur die Auslage anschaute, sondern auch fleißig eine große Bestellung aufgab, inklusive einer Flasche Cola. Jetzt wäre mein Auftritt gewesen, den Neu-Läufer an sein Vorhaben zu erinnern und ihn dabei zu unterstützen… aber auf der anderen Seite: Shoppen ist auch anstrengend und verbraucht bestimmt eine Menge Kalorien.





